Donnerstag, 24. Januar 2013

Verliebt in Peter

Laut meines Jahreshorokops für 2013 sollte ich gleich zu Beginn des ersten Monats eine Begegnung mit einer Person machen, die mein Leben verändert. Leider ist mir entgegen der Hoffnungen meiner Mutter nicht der reiche Oligarch begegnet, der mir meinen Lebensunterhalt sichert.
Dafür habe ich mich in Peter verliebt. Einigen ist er vielleicht auch als Sankt Petersburg bekannt.
Christopher - auch deutscher Austauschstudent - und ich haben uns kurzerhand entschlossen für einige Tage in das Venedig des Nordens zu fahren. Netterweise wurden wir von Anastasia, die ich vor vier Jahren bei der Internationalen Studentenwoche in Ilmenau kennengelernt habe, und ihre Familie mit offenen Armen empfangen. Hier eine kleine Berichterstattung zu unserem Kurztripp.


Dienstag bis Mittwoch: Die Anreise
Man ist nicht in Russland gewesen, wenn man nicht wenigstens einmal den Nachtzug benutzt hat. Also rein ins Abenteuer! Zu unserer Überraschung war die Fahrt recht komfortabel.

Frühstück im Zug. Die nette Zugbegleitung in Form einer russischen Mutti versorgte uns mit Schwarztee aus hübschen Glastassen.


Unser Nachtlager. Auf der oberen Pritsche liegen Matratzen und Kissen bereit.
Am Mittwoch Nachmittag wurden wir von Anastasia in Empfang genommen. Nach einer kleinen Stadttour fuhren wir in den Außenbezirk Lomonosov, wo sie mit ihre Schwester Dascha, der Mama und dem dicken Kater Timofee wohnt.


Donnerstag: Peterhof
Ganz oben auf meiner To-See-Liste für Petersburg stand natürlich der ehemalige Sommerpalast der Zarenfamilie "Peterhof". Die Bilder sprechen für sich: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Oder zumindest nicht viel. Im Winter werden fast alle Statuen mit vogelhäuschen-ähnlichen Kisten bedeckt (Anastasia war dankbar, dass ich nicht als erste Assoziation "Klohäuschen" angab), damit sie nicht den rauen Wetterbedingungen ausgesetzt sind.


Neptun im Schnee. Das Hauptgebäude ist im Moment wegen Renovierungsarbeiten komplett eingerüstet.

Blick vom Palast aufs Meer. Wo im Sommer Fontanen spränkeln und Touristen flanieren ist gerade ein ewiges Weiß zu sehen.

Statuen im Winterschlaf. Nur Samson kämpft einsam mit seinem Löwen.


Auch das Meer versteckt sich unter einer weißen Decke. Die schwarzen Punkte im Hintergrund sind Fischer, die über das Eis laufen.



Russische Diebe? Kann uns nicht passieren!

Oder doch?!

Peter-und-Paul-Kirche nahe des Palastes.


Freitag: Stadtspaziergang und Eremitage
Den nächsten Tag haben wir in der Innenstadt von Petersburg verbracht.

St. Petersburg ist wegen der vielen Kanäle zwischen den Häusern auch als "Venedig des Nordens" bekannt.


Die Aufersteherkirche, auch als Blutkirche bekannt.


Das Marsfeld.

Die vereiste Neva.

Irgendwann hatten wir genug von der nassen Kälte und flüchteten in die Eremitage. Als Winterpalais unter Katharina der Großen erbaut, wurde es schnell zur Kunstgalerie umgewandelt. Man sagt, dass man fünf Tage bräuchte, um sich alle Räume und Bilder in diesem Gebäude anzusehen. Wir hatten nur wenige Stunden Zeit und mussten uns deshalb auf eine Etage im Schnelldurchlauf beschränken. Für mich persönlich waren nicht nur die Bilder an den Wänden, sondern auch die gesamte Inneneinrichtung interessant. Jedes Zimmer, jede Stuckdecke, jede Tür und jeder Kamin sieht anders aus. Der absolute Wahnsinn!
(Bilder folgen hoffentlich)



Samstag: Peter und Paul Festung
Am Samstag ließ sich sogar für wenige Stunden die Sonne blicken. Wir besuchten an diesem Tag die Peter-und-Paul-Festung.

Die Festung wird von einem Zweig der Neva umgeben. Im Moment bräuchte man keine Brücke, um über die Festungsmauer zu hüpfen.







Christopher und sein neues Vorbild Peter.

Anastasia, ihre Schwester Dascha und Christopher. Die dicke Kleidung schließt auf die Temperaturen an diesem Tag.


Und Überraschung: die Hauptattraktion der Festung - die Peter-und-Paul-Kirche, in der alle Zaren nach Peter I. beerdigt wurden - ist wegen Renovierungsarbeiten eingerüstet.








Sonntag: Oranienbaum
An unserem letzten Tag besuchten wir das Sommerpalais Oranienbaum, dass in der Vorstadt Lomonosov als Residenz der Zarenfamilie und zahlreicher Herzoge diente.





Ich will auch!









Sonntag Nacht machten wir uns auf den Rückweg nach Moskau. Die Zeit verging viel zu schnell, die Tage waren viel zu kurz und die Temperaturen waren viel zu niedrig, um einen Bruchteil von dem zu sehen, was Sankt Petersburg wirklich zu bieten hat. Ich komme wieder! Das ist schon mal sicher!

Vielen Dank an Anastasia und ihre Familie, dass sie uns so herzlich aufgenommen haben! Es war uns eine große Freude!


Montag, 24. Dezember 2012

Weihnachtsbotschaft

Heute gibt es nur eine kleine, mit ganz viel Liebe gebastelte Videobotschaft.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen schöne Weihnachten!




Donnerstag, 20. Dezember 2012

Ordnung muss sein

Es tun ja immer alle so, als hätten nur wir Deutschen einen an der Klatsche, wenn es um Sauberkeit und Ordnung geht. Das mag ja auch in vielen Bereichen des Lebens der Fall sein. Bei der wöchentlichen Wäsche des wichtigsten Familienmitgliedes - also des Autos oder dem halbjährigen Fensterputz, kann uns keiner was vormachen. In den matschigen Straßen von Moskau werden meist nur Tankdeckel und Türklinken notdürftig freigewischt, damit man sich nicht die Finger schmutzig macht. Und wer keine Fenster putzt, muss auch keine Gardinen waschen. Praktisch.

Wenn man aber ein beliebiges Schnellrestaurant betritt, erlebt man hier einen Sauberkeitsfimmel der besonderen Art. Ohne Rücksicht auf eng bestuhlte Räume oder essende Gäste, wird hier geputzt, was der Wassereimer hergibt. Wenn man Glück hat, schafft man es noch die Füße zu heben, bevor der Mopp mit Schwung und ohne Vorwarnung unter den Tisch geschoben wird. Pünktlich wie die Turmuhr im Kreml wird einmal in jeder halben Stunde durch das Lokal gewienert. Wo sich die Putzfrau in der anderen halben Stunde aufhält, kann man am abgehakten Putzplan in der Toilette ablesen, der alle 30 Minuten mit einer Unterschrift quittiert werden muss.

Natürlich ist es bei den aktuellen Schneematsch-Verhältnissen auf der Straße ratsam den Wischlappen öfter zu schwingen, als an trockenen Sommertagen. Trotzdem ist das fast schon manische Verhalten der Cleaning Lady auch den letzten Brotkrümel einzusammeln etwas gewöhnungsbedüftig.
Ich erkläre mir das Verhalten mit einem Sprichwort, dass ich vor kurzem gelernt habe:

Делай что должен, и будь что будет. (Djelai schto dolschen, i bud schto budjet)

Übersetzten könnte man es mit "Tu was du tun sollst und dann komme was wolle."
Es gibt eine Geschichte über einen Flughafen in einer russischen Kleinstadt, der nach einigen Jahren wegen mangelndem Bedarf geschlossen wurde. Der zuständige Hausmeister wurde aber nicht müde, trotzdem an jedem Wintertag die Landebahn von Schnee und Eis zu befreien. Schließlich gehörte das zu seinem Aufgabenbereich, für den er bezahlt wurde. Eines Tages soll eine Passagiermaschine, die über dem besagten Flughafen ins straucheln kam, auf der freigeräumten Bahn notgelandet sein. So war die Arbeit des Hausmeisters doch nicht umsonst.
Ob die Geschichte wahr ist? - Das weiß keiner so genau.
Kann sie wahr sein? - Definitiv.

Dass es hier Berufe gibt, die in meinen Augen keinen wirklichen Sinn ergeben, habe ich ja schon des öfteren durchblicken lassen. (Siehe auch "Do it yourself" ist was für Maulfaule). Andererseits wird hier eine ehrliche Arbeit ausgeübt, die pflichtbewusst wahrgenommen wird. Das ist doch positiv zu honorieren. Darum lasse ich auch mein Tablett im Schnellrestaurant immer artig auf dem Tisch stehen, wenn ich das Lokal verlasse. Schließlich wird jemand dafür bezahlt, es in den 2 Meter entfernten Mülleimer zu schmeißen. Und ich will doch niemanden seine Arbeit wegnehmen. So viel Ordnung muss sein.

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Leistungssport Schwarzfahren


In dem Roman "Moskau - Petuški" von Venedikt Erofeev erzählt der stets auf einem Wohlfühlpegel betrunkene Protagonist während seiner Zugfahrt in die Heimat auf typisch russische Weise seine Lebensgeschichte, gespickt von philosophischen Weisheiten, poetischen Wahrheiten und betrunkenen Gemeinheiten. Zum Schwarzfahren hat er eine ganz klare Meinung: wer eine Fahrkarte kauft, ist ein Feigling und hält sich für etwas Besseres. Wenn man also von seinen Mitfahrern respektiert werden möchte, lässt man sich lieber ohne gültiges "Billjet" erwischen. Das Bußgeld für das Schwarzfahren wird im Buch direkt an den Kontrolleur in Form von Alkoholika ausgezahlt. Pro Kilometer schenkt man dem Zugbegleiter ein Gramm Wodka ein und er ist zufrieden.
So einfach ist das in der Realität leider nicht. Trotzdem ist das Schwarzfahren hier wohl eher die Regel als die Ausnahme und nimmt schon sportliche Züge an.

Die einfachste Form des Schwarzfahrens in Moskau ist in der Metro möglich. Der ehrliche Passagier hält vor Abstieg in den Untergrund eine Chipkarte an die elektronische Schranke am Eingang. Ist die Fahrkarte ungültig oder wird erst gar keine Fahrkarte an den Sensor gehalten, schießt blitzartig eine Stahlschranke aus der so harmlos aussehenden Schleuse, die stechende Schmerzen im Oberschenkel verursachen kann.
Wenn man sich die 70 Cent pro Fahrt sparen möchte, muss man also athletische Fähigkeiten an den Tag legen, um die Schranke zu überspringen. Dies ist durchschnittlich alle fünf Minuten in einer Metrostation zu beobachten. Wenn mal wieder jemand mit viel Schwung über die Absperrung springt, erklingt eine tetrisartige Melodie, die zum Ohrwurm taugt. Dies ist der Moment, in dem der Aufpasser neben der Schranke kurz warnend in seine Trillerpfeife pustet und dann... passiert nichts. Der Schwarzfahrer kann sich seelenruhig von den gerade entstandenen Strapazen auf der langsam davonziehenden Rolltreppe erholen. 
In den Metrozügen gibt es keine Kontrolleure, die nochmal schauen, ob ein Ticket gelöst wurde. Mit ein wenig Muskelkraft kann man also viel Geld sparen.

Etwas waghalsiger wird es, wenn man in den Stadt- und Regionalzügen nicht als blinder Passagier erwischt werden möchte. Dieses Phänomen durften wir bei unserer Fahrt in der Elektritschka nach Sergejev Posad beobachten.
Wir Deutschen, die sich über einen Ticketpreis von 6 Euro für eine 1 1/2-stündige Strecke freuen, bot sich ein kleiner Krimi, als die drei Damen im roten Anorak das Abteil betraten, um die Tickets der Mitfahrenden zu kontrollieren. Mit einem Mal wurde es um uns herum verdächtig leer. Die Hälfte der Fahrgäste war so unauffällig wie möglich aufgesprungen und zum anderen Ende des Wagons gelaufen, um an der nächsten Station auszusteigen. Zu ihrem Glück hatte ein Fahrgast den Anschluss verpasst, weil er die Kontrolleurin erst bemerkte, als sie schon neben ihm stand. Der nicht ganz nüchterne Ertappte hatte aber genug Flüche gegenüber der resoluten Dame auf Lager, um für die restlichen Schwarzfahrer ein bisschen Zeit zu schinden.

Als der Zug an der nächsten Haltestelle zum Stehen kam und dem armen betrunkenen Tropf keine Beleidigungen mehr halfen, als ihm die Wachmänner schon die Handschellen anlegten, begann ein Spektakel außerhalb des Zuges, dass ich so in meinem Leben noch nie gesehen habe. 
Die Mitfahrer ohne gültiges Ticket – egal ob jung oder alt – nahmen ihre Beine in die Hand, um so schnell wie möglich über den Bahnsteig in den hinteren Zugteil zu gelangen, den die Damen im roten Anorak bereits kontrolliert haben. Hier muss ich noch einmal erwähnen, dass es sich dabei nicht um fünf oder zehn Personen handelte, sondern ca. 50 Leute an unserem Fenster vorbei flitzten.

Ein riskantes Unterfangen. Gerade bei den aktuellen Wetterbedingungen, wenn man schon in normaler Geschwindigkeit schnell die Balance auf den spiegelglatten Untergründen verliert. Ich bezahle jedenfalls weiterhin artig meine Fahrkarte. Schließlich hat man ja nicht immer eine Flasche Wodka in der Tasche.

Montag, 10. Dezember 2012

Flankfult?! OAAAAAAhhhhhh....


Ja, zur Enttäuschung meiner treuen Leser, habe ich lange keinen neuen Artikel in meinem Blog veröffentlicht.
Aber so ist das nun mal, wenn die ersten großen Erfolge gefeiert werden und neue Produkte das Niveau halten sollen. DER DRUCK!
Aber nun melde ich mich aus der November-Pause zurück und beglücke euch mit neuen Geschichten und Kuriositäten meines Lebens.

Beginnen wir also mit der Anekdote, wie meine Prominenz unter meinen chinesischen Mitstudenten zustande kam.


Samstag, 27. Oktober 2012

Schnee? Ach wo!

Nachdem sich heute so viele Menschen über den ersten Schnee in der Heimat beklagt haben, möchte ich euch mit ein paar sonnigen Bildern von unserem heutigen Spaziergang im Park Pobedy (Siegespark) beglücken.

Freitag, 19. Oktober 2012

Lasst uns doch mal über's Wetter reden...

Eigentlich hat mich ja meine Zeit in Ilmenau (niederschlagsreichster Ort der ehemaligen DDR) gut auf das vorbereitet, was mich hier erwartete. Nieselregen, Sturmböen, Nebel, Dauergrau.

Mitte September: Goldene Blätter, Sommerschuhe, Sonnenschein.
Während man in Deutschland im Moment die letzten Sonnenstrahlen des Jahres genießt, schalte ich um 14.00Uhr nachmittags wieder die Zimmerlampe an, damit ich in meinem düsteren Zimmer nicht über die herausragenden Bodenholzdielen stolpere.

Zwar zeigt das Thermometer in den letzten Tagen immerhin noch 12°C an, die Stimmung ist jedoch eher frostig, wenn die einzige Freude am Tag die fünf Minuten sind, in denen sich die Sonne kurz zwischen den dicken, grauen Wolken am Himmel blicken lässt.