Donnerstag, 20. Dezember 2012

Ordnung muss sein

Es tun ja immer alle so, als hätten nur wir Deutschen einen an der Klatsche, wenn es um Sauberkeit und Ordnung geht. Das mag ja auch in vielen Bereichen des Lebens der Fall sein. Bei der wöchentlichen Wäsche des wichtigsten Familienmitgliedes - also des Autos oder dem halbjährigen Fensterputz, kann uns keiner was vormachen. In den matschigen Straßen von Moskau werden meist nur Tankdeckel und Türklinken notdürftig freigewischt, damit man sich nicht die Finger schmutzig macht. Und wer keine Fenster putzt, muss auch keine Gardinen waschen. Praktisch.

Wenn man aber ein beliebiges Schnellrestaurant betritt, erlebt man hier einen Sauberkeitsfimmel der besonderen Art. Ohne Rücksicht auf eng bestuhlte Räume oder essende Gäste, wird hier geputzt, was der Wassereimer hergibt. Wenn man Glück hat, schafft man es noch die Füße zu heben, bevor der Mopp mit Schwung und ohne Vorwarnung unter den Tisch geschoben wird. Pünktlich wie die Turmuhr im Kreml wird einmal in jeder halben Stunde durch das Lokal gewienert. Wo sich die Putzfrau in der anderen halben Stunde aufhält, kann man am abgehakten Putzplan in der Toilette ablesen, der alle 30 Minuten mit einer Unterschrift quittiert werden muss.

Natürlich ist es bei den aktuellen Schneematsch-Verhältnissen auf der Straße ratsam den Wischlappen öfter zu schwingen, als an trockenen Sommertagen. Trotzdem ist das fast schon manische Verhalten der Cleaning Lady auch den letzten Brotkrümel einzusammeln etwas gewöhnungsbedüftig.
Ich erkläre mir das Verhalten mit einem Sprichwort, dass ich vor kurzem gelernt habe:

Делай что должен, и будь что будет. (Djelai schto dolschen, i bud schto budjet)

Übersetzten könnte man es mit "Tu was du tun sollst und dann komme was wolle."
Es gibt eine Geschichte über einen Flughafen in einer russischen Kleinstadt, der nach einigen Jahren wegen mangelndem Bedarf geschlossen wurde. Der zuständige Hausmeister wurde aber nicht müde, trotzdem an jedem Wintertag die Landebahn von Schnee und Eis zu befreien. Schließlich gehörte das zu seinem Aufgabenbereich, für den er bezahlt wurde. Eines Tages soll eine Passagiermaschine, die über dem besagten Flughafen ins straucheln kam, auf der freigeräumten Bahn notgelandet sein. So war die Arbeit des Hausmeisters doch nicht umsonst.
Ob die Geschichte wahr ist? - Das weiß keiner so genau.
Kann sie wahr sein? - Definitiv.

Dass es hier Berufe gibt, die in meinen Augen keinen wirklichen Sinn ergeben, habe ich ja schon des öfteren durchblicken lassen. (Siehe auch "Do it yourself" ist was für Maulfaule). Andererseits wird hier eine ehrliche Arbeit ausgeübt, die pflichtbewusst wahrgenommen wird. Das ist doch positiv zu honorieren. Darum lasse ich auch mein Tablett im Schnellrestaurant immer artig auf dem Tisch stehen, wenn ich das Lokal verlasse. Schließlich wird jemand dafür bezahlt, es in den 2 Meter entfernten Mülleimer zu schmeißen. Und ich will doch niemanden seine Arbeit wegnehmen. So viel Ordnung muss sein.

1 Kommentar:

  1. Thank you for yet another episode that put a smile on my face:) Delicious! xx

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