Montag, 24. September 2012

Schlaflos in Moskau

Tobias R., falls du das liest: Ich beneide dich sehr!

Ich beneide dich, weil du als mein Zwischenmieter nun für die nächsten Monate jede Nacht in meinem geliebten 1,40m-Bett die Augen schließen darfst und wohl erholt am nächsten Morgen in den Tag starten kannst. Mit meiner durchgelegenen Schaumstoffmatratze mit einem Überzug, der noch vor der Geburt meiner Eltern zum ersten Mal einem Moskauer Studenten eine Niederlassung bot, habe ich nicht gerade eine Verbesserung des Schlafkomforts erreicht.

Ich beneide dich, weil nach Sonnenuntergang kein Licht von der Straße in dein zwischenzeitliches Zimmer dringt. Besonders, wenn du meine hochgeschätzten Retro-Vorhänge verschließt. Hier im Moskauer Wohnheim scheint man Strom sparen zu wollen, indem man die Straßenlaternen auf Flutlichtniveau das Gelände um das Universitätsgebäude beleuchten lässt. So hat man wenigstens das Gefühl von langen, hellen Sommernächten.

Ich beneide dich, weil deine Nachtruhe nur von einigen Türknallern, Treppenstampfern oder Techno-Hörern in unregelmäßigen Abständen gestört wird. Obwohl ich ja sagen muss, dass ich mich so langsam an die nächtlichen Straßenrennen vor meinem Fenster gewöhnt habe. Was man aus Filmen wie "The fast and the furious" kennt, wird hier täglich ab 19Uhr von Söhnen der neureichen Moskauer Gesellschaft nachgespielt. Wie lange sich dieses Spektakel in die Nacht zieht, ist von Wetter, Teilnehmern und Stimmung abhängig. Reifenquietschen, Hupen, laute Musik und Megaphongedudel gehören natürlich dazu. 
Der deutsche Klopf- und Beschwerdebürger fragt sich nun natürlich: Wo bleibt die Polizei? Ab und zu sieht man einen Streifenwagen durch das Treiben schleichen. Allerdings scheint man sich hier gut abzusprechen, denn in Anwesenheit eines Polizeiautos sind alle plötzlich muxmäuschenstill. Über Schmiergelder will ich an dieser Stelle nicht spekulieren. 

(Damit niemand denkt, dass ich übertreibe, sende ich hier zum Beweis ein kleines Beispiel für die andauernde Kunststückchen-Präsentation auf der Straße. Ich entschuldige mich für die Wackelbilder und schlechte Qualität.)


Seitdem wir hier eingezogen sind, wird die Straße neu geteert, auf der die allabendlichen Karosserie- und Stunt-Vorführungen stattfinden. Das heißt: wenn die letzten Reifenquietscher verhallen, geht es mit dem Baulärm weiter. Wobei auch nicht ausgeschlossen ist, das um Mitternacht ein Laster vorbeikommt, der mit viel Gerumpel und Gehupe noch schnell eine Planierraupe abholt. 

Also Tobias R., schätze deine Zeit in meinem Zimmer! Und nun wünsche ich dir eine GERUHSAME Nacht.


4 Kommentare:

  1. Ist es nachts in Moskau hell oder machen das die Straßenlampen in dem Video ?

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  2. Da hat einer aber ganz genau hingeschaut! Die Aufnahme ist an einem Nachmittag entstanden. Da wurde sich schon mal warm gefahren.

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  3. Danke für die Widmung (=! Ja es schläft sich echt ganz gut hier. Den Techno - Lärm höre ich auch gar nicht mehr hier oben nur ab und zu einen ausruf des Entsetzens, wenn dein lieber Nachbar im Spielwahn mal wieder den Kopf verkloren hat (;!
    Schön geschrieben übrigens, aus dir könnte noch ne echte Poetin werden.
    Eine Sache würde ich noch gerne los werden. Als du das Haus verlassen hast standen alle Putzuhren auf deinem Namen, das wird bei Heimkehr wieder der Fall sein! Hatten kurzfristig überlegt bis Februar gar nicht mehr zu putzen, aber wurde dann doch etwas siffig (;!
    Beste grüße aus dem kleinen Zimmer mit Rosengardienen!
    Tobias R.

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  4. Ok in diesem Fall beneide ich die Moskauer Jugend.. die scheinen ja ne Menge Kohle zu haben. Wenn ich das mit unseren Spritpreisen so vergleiche...

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